Eine erste Musikabteilung wurde wohl schon 1886 durch den damaligen Militärverein ins Leben gerufen, die hauptsächlich an nationalen Feiertagen wie Kaisers oder Großherzogs Geburtstag auftrat und für diese Auftritte auch jeweils Zuwendungen von der Gemeinde erhielten. Ab 1901 fanden sich einige Musiker aus dieser Formation zum Musizieren auf nicht militärischer Basis zusammen, die bei verschiedenen Festen teilnahmen. So ist ein Festzug in Lahr im Jahre 1902 erwähnt, an dem die 8 Mann starke Kapelle als eine der kleinsten Formationen teilnahm und das Prädikat „sie haben sich wacker geschlagen“ erhielt. Auch bei der Einweihung des neuen Rathauses am 31. August 1902 wird erwähnt, dass der Festakt durch die hiesige Musikkapelle eingeleitet wurde.
Die Proben fanden in privaten Wohnungen, damals unter der Leitung von Schreinermeister Johann Karotsch statt, der auch konsequent auf eine Vereinsgründung hinarbeitete. Diese fand dann auch im Jahre 1909 statt. 30 Männer trafen sich im Gasthaus Zur Sonne und gründeten den Musikverein Kürzell. Erster Vorsitzender war Matthäus Kopf, Stellvertreter Friedrich Weber, Schriftführer Anton Karotsch (Sonnenwirt). Die Kapelle bestand aus diesen sechs Aktiven: Benjamin Feindel, August Rinderle, Johann Karotsch, Andreas Mundinger, Friedrich Weber, Konrad Kopf. Die Zahl der Aktiven wuchs jedoch rasch an.
Leicht hatte es der junge Verein damals sicherlich nicht. Die Vereinskasse war ziemlich schwach, so mussten die aus Straßburg beschafften Instrumente und auch die Musikermützen von den Aktiven selbst bezahlt werden. Abhilfe schaffte ein Waldfest im Jahre 1912, an das sich ältere Leute noch bis in die achtziger Jahre erinnern konnten.
Die Kapelle spielte bei mannigfaltigen Gelegenheiten auf, so bei Hochzeiten, zu Faschingstänzen, bei Festzügen und bei anderen festlichen Anlässen. Eine Hochzeit von Hermann Schrempp 1914 ist beschrieben: Die 10 Mann starke Kapelle spielte nach der Trauung dem Brautpaar und den Gästen einen Marsch und begleitete anschließend die Hochzeitsgesellschaft zum Gasthaus Zur Linde, wo sie zum Mittagessen eingeladen waren und nachmittags und abends zum Tanz aufspielten. Da die Gäste anscheinend zufrieden waren, wurde für die Kapelle eine Tellersammlung durchgeführt, die einen Betrag über 100 Mark erbrachte. Auch ein Grenadiertag in der Kreisstadt Lahr ist erwähnt, bei dem Alt-Ratschreiber Karl Ehret die Ehre hatte, als ältester Grenadier in Baden neben dem Großherzog Friedrich II in der „Festkalesche“ mitzufahren. Die Kürzeller Aktiven waren dabei.
In dieser Zeit erlebte der Verein eine schöne Aufwärtsentwicklung, ehe der erste Weltkrieg 1914 dieses harmonische Musikleben jäh unterbrach. Zum Glück kehrten alle aktiven Musiker wieder aus dem Krieg heim, so dass bereits 1919 das Musizieren wieder aufgenommen wurde. Dirigent war erneut Johann Karotsch, 1. Vorsitzender Emil Leuthner. Geldsorgen während der Inflationszeit drückten jedoch erneut schwer, trotzdem schaffte man es immer wieder, Instrumente zu beschaffen, Noten zu kaufen und neue Stücke einzustudieren.
Ob es die Geldsorgen waren, oder die Wirren der damaligen Inflationszeit oder persönlich motivierte Gründe, genaues ist nicht mehr bekannt, jedenfalls erlebte der Verein um 1920 eine kleine Krise, als von den Aktiven viele die Kapelle verließen und nur noch vier Musiker übrig blieben. Doch bald schon kamen wieder neue Musiker hinzu, die Zahl wuchs rasch, die Kapelle vergrößerte sich beständig. Unter den neuen Aktiven waren auch Josef Fleig, Anton Dinger und Fritz Billian, die - nur durch den 2. Weltkrieg unterbrochen - bis weit in die 60er bzw. 70er Jahre aktiv waren.
Neben der Mitwirkung bei Hochzeiten und Beerdigungen, unter anderem bei der Beerdigung von Bürgermeister Lorenz Hahn, war der erste große Auftritt dann 1921 beim 1. Kürzeller Pferderennen. Wie aus Erinnerungen verlautete, „um der Bevölkerung und den auswärtigen Gästen ein Festgefühl zu geben, wurde ein Umzug mit Musikbegleitung durch die Dorfstraßen durchgeführt“. Auch das Laurenziusfest war damals häufig der Anlass, im Hof des Gasthauses Sonne eine Bühne aufzustellen und den Gästen aufzuspielen. Überhaupt schien das Verhältnis der Kapelle zur katholischen Kirchengemeinde in jenen Jahren äußerst gut gewesen zu sein. Neben regelmäßigen Beteiligungen bei Prozessionen wurde auch öfters am Hergottstag und Fronleichnam, immer bei recht gutem Besuch, aufgespielt. Als Lohn der „Arbeit“ erhielten die Musiker vom damaligen Pfarrer hier und da ein Fass Bier gestiftet.
Ab Ende der 20-er Jahre wurden abwechselnd in den Gaststätten Kaiser, Linde, Kreuz und Krone Faschings-, Ernte und Kilwitänze durchgeführt. Auch auswärts spielte man zum Tanz auf, so in der Sonne und Krone in Hugsweier oder im Pflug in Schutterzell. So langsam kamen auch die sommerlichen Gartenfeste in Mode. Häufig trat man dabei in den Nachbargemeinden auf, unter anderem beim Patenverein in Schuttern. Aber auch im eigenen Dorf in den Gärten von Gottlieb Hermann und Georg Wingert fanden solche Feste statt.
Einen bemerkenswerten Auftritt hatte die Kapelle am Fastnachtsmontag 1929. Der Brandweier, genannt „Grünloch“, war so stark gefroren, dass über 200 Personen darauf ein närrisches Treiben mit Musik und Tanz vollführten.
Dass der Musikverein nicht ganz unpolitisch war, zeigte der Fackelumzug durchs Dorf, den die Musikkapelle 1935 anlässlich der Rückkehr des Saargebietes ins Reich durchführte.
1935 feierte man das 25-jährige Jubiläum auf der Kirchmatt, dieses Fest hatte auch finanziell einen derart günstigen Verlauf, dass die Geldsorgen endlich ihr Ende fanden.
Auf dem nebenstehenden Foto aus dem Jubiläumsjahr sind zu sehen:
Hintere Reihe v.l.n.r.: Franz Karotsch, Karl Wurth, Ferdinand Karotsch, Hermann Kopf, Josef Fleig, Friedrich Leuthner, Bernhard Ehret, Valentin Wurth, Hermann Kopf
Vordere Reihe v.l.n.r.: Johann Hess, Josef Drumm, Johann Karotsch, Ferdinand Karotsch, David Krumm
Wenn auch die musikalische Leitung zu dieser Zeit ab und an in den Händen von Lehrern der hiesigen Dorfschule lag, so wurde die Kapelle doch über eine Ära von ca. 55 Jahren stark von Johann und Franz Karotsch geprägt. Seit den ersten Anfängen bis zu seinem Tod 1931 war es Schreinermeister Johann Karotsch, der nahezu ununterbrochen den Taktstock schwang und vor der Vereinsgründung auch selbst gewissermaßen als Vorsitzender die Musikergruppe leitete. Nach seinem Tod nahm sein Sohn Franz Karotsch eine ähnliche Stellung ein und dirigierte die Kapelle bis zum 2. Weltkrieg und auch danach bis zur Wiedergründung im Jahre 1956.
Nach Emil Leuthner fungierten in dieser Zeit als Vorsitzende Markus Kopf, Josef Drumm und Josef Gruseck, bevor der 2. Weltkrieg dann seine erschreckenden Spuren auch beim Musikverein Kürzell hinterließ.
Sieben Musiker kamen nicht aus dem 2. Weltkrieg zurück. Noten waren kaum noch vorhanden, die wenigen Instrumente, die man retten konnte, waren allesamt reparaturbedürftig, selbst die Vereinsakten waren verschwunden. Die Lage schien hoffnungslos und viele glaubten, dass nie mehr ein Musikverein entstehen könne.
Doch was trotz dieser deprimierenden Lage übrigblieb, war der alte Musikergeist, so dass 1950 wieder einige Idealisten im kleinen Kreis unter der Führung des
hiesigen Lehrer Burger und des schon erwähnten Franz Karotsch anfingen zu musizieren. Zwar waren die ersten Versuche zaghaft, es misslang vieles, aber man ließ sich nicht entmutigen, so dass 5
Jahre später, am 18. November 1956 in der Sonne die Wiedergründung des Musikvereins Kürzell mit 200 Mitgliedern stattfand.
1. Vorsitzender wurde der damalige Bürgermeister Robert Kopf, der sich zusammen mit Franz Karotsch besonders um eine Wiedergründung bemüht hatte. 2. Vorsitzender wurde Erich Fähndrich. Als
Nachfolger für Franz Karotsch als Dirigenten konnte man Alfred Steiert gewinnen, die Dirigentenvergütung lag bei 8 DM je Probe. Zwei Monate später erfolgte die Aufnahme in den Volksmusikverband
Ortenau und nur wenige Tage danach gab die wiedergegründete Kapelle vor vollbesetztem Haus im Beisein vieler Ehrengäste ein beachtliches Debüt. Große Unterstützung erfuhr der junge Verein vom
damaligen Jagdpächter, dem Schweizer Unternehmer Blattmann, der später auch zum Ehrenpräsidenten ernannt wurde.
Dass von Anfang an viel Wert auf Nachwuchsarbeit gelegt wurde, zeigt, dass bei der Wiedergründung bereits 15 „Zöglinge“ ausgebildet wurden, der jüngste davon war der damals 15-jährige Kurt Reichart. Der Nachwuchs wurde bald integriert, so dass die Kapelle sich rasch vergrößerte.
1960 feierte man das 50-jährige Jubiläum, bestens vorbereitet durch den neuen Dirigenten Albert Uhl aus Grafenhausen. Mit ihm wurde auch der Nachwuchs systematisch gefördert, die Früchte dafür konnten bald geerntet werden, nach 2 Jahren erhielt die frisch gegründete „Knabenkapelle“, wohlgemerkt noch keine Mädchen, bei einem Wertungsspiel in der Oberrheinhalle in Offenburg die höchste Note „Hervorragend“.
Auf dem nebenstehenden Foto aus dem Jubiläumsjahr sind zu sehen:
Hintere Reihe v.l.n.r.: Heinz Fähndrich, Kurt Reichart, Hugo Schmieder, Richard Karotsch, Kuno Schweitzer, Gerd Karau, Erich Junker, Franz Kopf, Fritz Leuthner
Mittlere Reihe v.l.n.r.: Rudi Mischke, Anton Dinger, Franz Gruseck, Ferdinand Engel, Markus Eberle, Richard Wagner, Herbert Ehret, Felix Kopf, Adolf Müller
Vordere Reihe v.l.n.r.: Gerold Krumm, Fritz Billian, Franz Karotsch, Ferdinand Karotsch, 1. Vorsitzender und Bürgermeister Robert Kopf, Dirigent Albert Uhl, 2. Vorsitzender Erich Fähndrich, Albert Billian, Karl Wurth, Josef Fleig
Nach 11 Jahren gab es einen 1967 Wechsel in der Vorstandschaft. Erneut lagen für kurze Zeit die Geschicke des MV Kürzell in den Händen der Familie Karotsch. Josef Karotsch, Sohn von Franz Karotsch, löste Bürgermeister Robert Kopf als Vorsitzenden ab. Er war es auch, der die freundschaftlichen Bande zum MV „Rota“ Schwendi knüpfte, die bis zum heutigen Tage bestehen.
1970 übernahm Herbert Kunz den Vorsitz. 1972 öffnete sich der MV Kürzell auch für weibliche Musikerinnen. Was zuvor undenkbar schien, war plötzlich Selbstverständlichkeit und führte dazu, dass die Kapelle zahlenmäßig sich stark vergrößerte. 1974 beendete Albert Uhl nach 14-jähriger verdienstvoller Arbeit und erfolgreichem Wirken seine Dirigententätigkeit in Kürzell. Sein Nachfolger wurde Georg Weyrer. Der Berufsmusiker, der in bekannten Orchestern und Big-Bands mitspielte, formte aus dem vorhandenen guten Grundstock in kurzer Zeit einen weithin beachteten Klangkörper und ließ die Kapelle zu einem beachtlichen Leistungsstand heranwachsen. Unter seiner Regie vergrößerte sich die Kapelle erneut und betrug 1975 45 Aktive. Auch die damals gegründete MVK-Big-Band konnte mit ihrem Leiter und Solotrompeter Georg Weyrer erstaunliche Erfolge verbuchen.
Der nächste Vorsitzende hieß Bernhard Loosman (1977 - 1978), danach Josef Benz (1979-1982). In seine Amtszeit fiel der Ausbau des neuen Probelokals in der ehemaligen Fabrik. Endlich hatten die Musiker ein beständiges Zuhause, nachdem zuvor die unterschiedlichsten Räumlichkeiten herhalten mussten. Waren es anfangs Privaträume und Werkstätten, die als Probelokal dienten, verwendete man später in ständigem Wechsel verschiedene Schulsäle und den Bürgersaal im Rathaus, sogar das Foyer in der neu erbauten Schule musste 1970 für einige Jahre herhalten.
Auch musikalisch erlebte der Verein in der neueren Geschichte eine stetige Weiterentwicklung. Zum einen ist die Gründung des Jugendorchesters 1995 zu erwähnen, die nacheinander von den Dirigenten Ralf Kempf, Frank Stückler, Corinna Heimburger und Katharina Walter geleitet wurden bzw. werden. Eine schöne Weiterentwicklung bei der Nachwuchsarbeit erlebte der MVK auch mit der Einführung des Konzeptes „Bläserkids“ im Jahre 2003, was letztendlich auch zu einer erfreulichen Verstärkung der Erwachsenenkapelle führte, die dadurch zeitweise ca. 60 Musikerinnen und Musiker umfasste.
Mit zwei großen Zeltfesten auf der Kirchmatt feierte der MV 1990 sein 80-jähriges und 2010 sein 100-jähriges Bestehen. Letzteres zusammen mit der Freiwilligen Feuerwehr, die ihr 75-jähriges Bestehen feierte. War es 1990 noch die Kappelwindecker Musikkapelle mit dem „Egerländer“ Trompeter Ferenc Aszodi , die zu begeistern wussten, so konnte 2010 besonders der Große Zapfenstreich der Musikkapelle, der Feuerwehr und des Fanfarenzuges aus Meißenheim vor sommernächtlicher Kulisse beeindrucken.
In einer Satzungsänderung im Jahre 2011 wurde das Amt des 1. Vorstands und des 2. Vorstands aufgelöst. Stattdessen stehen bis heute fünf gleichberechtigte Vorstände an der Spitze des Vereins. Sie werden unterstützt durch die Beisitzer, die jeweils einem der fünf Bereiche angehören. Durch die Aufteilung des Vorstands in fünf Bereiche, kann eine wesentlich effizientere Vorstandsarbeit geleitet werden. Die fünf Geschäftsbereiche umfassen:
- Verwaltung und Finanzen
- Veranstaltungsorganisation
- Präsentation
- Musikalischer Betrieb
- Jugend
2013 erweiterte der Musikverein sein Angebot im Bereich der Jugendausbildung. Dabei können in den Kursen für musikalische Früherziehung „Musimo“ und musikalische Grundausbildung „Okt'ala“, Kinder ab dem Vorschulalter teilnehmen. Durch diese Erweiterung gewährleistet der Verein ein durchgängiges Konzept von der musikalischen Früherziehung über Bläserkids, Jugendkapelle bis zur Erwachsenenkapelle. Weitere Informationen können auf „Über uns -> Jugendausbildung“ nachgelesen werden.
Als Gerald Arbogast das Amt des Dirigenten im Musikverein Kürzell im Januar 2008 antrat, ahnte keiner, dass er dieses für die nächsten 17 Jahre innehaben würde. Es entstand nach der üblichen Findungsphase bald Freundschaft zwischen den Musikern und dem Dirigenten und eine tiefe Verbundenheit des Dirigenten mit dem Verein.
Als erster Dirigent in der über 100-jährigen Geschichte des MVK, wurde der scheidende Dirigent im Dezember 2024 zum "Ehrendirigenten" ernannt.
Durch die gute Vorstands- und Jugendarbeit der vergangenen Jahre, durfte man sich nach dem Ausschreiben der Dirigentenstelle über einige eingegangene Bewerbungen freuen. Die aktiven Musiker des großen Orchesters, durften nach Vordirigieren zweier Bewerber abstimmen. So fand sich in Frank Hertweck ein neuer musikalischer Leiter, der in seiner musikalischen Laufbahn u.a. im Musikkorps der Bundeswehr tätig war.
Der Höhepunkt des Vereinsjahres, stellt das mittlerweile dreitägige Dorffest im Sommer dar. Zu Beginn in vergleichsweise kleinem Rahmen im Fabrikhof neben dem Rathaus, wird das Fest seit 2011, dank wachsender Bekanntheit und Beliebtheit, auf dem Schulhof abgehalten. Dabei präsentiert sich der Musikverein selbst am Samstagabend in Rock und Pop-Manier, bevor eine Band zum Tanz bis tief in die Nacht anregt. Über die weiteren zwei Festtage steht traditionelle Blasmusik und sommerlicher Festbetrieb im Fokus. Auch die verschiedenen Formationen der Jugendabteilungen präsentieren ihr Können am Kindernachmittag.
Höhepunkt des musikalischen Schaffens im Jahresrhythmus ist das Anfang Dezember terminierte Jahreskonzert (früher Weihnachtskonzert), bei dem die Bläserkids, die Jugendkapelle und das große Orchester ihren Leistungsstand präsentieren. Dazu wird unregelmäßigem Turnus im Frühjahr ein Kirchenkonzert abgehalten, wobei die Spenden dafür einem guten Zweck zugeführt werden.
Die Jugend finanziert sich ihre vielfältigen Freizeitaktivitäten, wie beispielsweise ein Hüttenwochenende durch Helferaktionen wie Altpapiersammeln und Weihnachtsspielen, selbst.